Nachdenkend, wieweit Ausdrucksformen
Form gegeben wird durch Normen,
bin ich unterwegs mittels der Tram,
will gerade aus dem Fenster schauen,
schaue an ein großflächiges »Autogramm«,
so ein Ich war hier in unschönen Formen,
das in die Fensterscheibe eingeritzt ist.
Erst denke ich: Dass dieser Ich hier war,
wozu, sehe ich ja, interessiert mich nicht,
lieber hätte ich ungestörte, klare Sicht.
Da sehe ich Spucke darüber laufen, i –
nach einem Blinzeln aber ist sie weg.
Noch einmal blinzle ich nach dem Fleck.
Es muss, ähm, gewesen sein eine Fantasie,
demjenigen, mit Gruß der Allgemeinheit,
zu sagen, dass es nicht zu sein hat
eine Straßenbahnscheibe zu zerkratzen.
Doktor Sesselhuber mein Name,
Humanmechanik mein Fachbereich.
Jüngst sprach ich an eine Dame.
Schwierig war es, sie wurde bleich.
So etwas Unkalkulierbares passiert,
wenn ich von meinem Fach ausweich’
in einen mir fremden Lebensbereich –
hat sie nicht einmal mehr interessiert.
Ich kann von Genese bis zu post mortem
dem Fachumfeld alles beantworten,
was neuerdings dazu führt, dass Kollegen
mir sogenannte Hobbys angeben.
Ich sei offener geworden, sagen sie jetzt.
Habe mir eines dieser Hobbys gesetzt,
schreibe Lyrik; denke, ich spür’ mich.
Messwerte waren nie so verführerisch.
Mein Hobby treibt mich aus dem Labor,
seit jüngst, zu ungeahnten Recherchen.
Bin Liebespaaren, salopp, ganz Ohr,
will die Kräfte wissen, die da herrschen.
Liebespaare sind kaum zu kategorisieren,
ergo, zwingen einen zum Fantasieren.
Liebe, sagte ich, ein funktionales Gefüge.
Die Liebespaare aber nannten es eine Lüge.
Keineswegs wollte ich, dass sie die Flucht
ergreifen, versicherte, ich wolle reifen,
hatte gefaselt irgendetwas von Aufzucht,
es poetisch nachformuliert zur Liebesfrucht.
Gefühl über die Humanmechanik hinaus
zu entwickeln, ist eben nicht mein Fach.
Aber die stupide Fachsicherheit, o Graus,
die ist für mich längst bloß noch einfach.
Vor einem Wäldchen, auf einer Wiese,
steht spähend Vogelkundlerin Gabi
neben ihrer fünfjährigen Tochter Liese,
die fragt: »Wo ist der große Habi?«
»Lieschen, schau! die Amselmutter.
Die süßen Jungen kriegen jetzt Futter!«
Lieses Fernglas wandert hin und her,
den Habi wieder sehen will sie so sehr.
»Mami, der Habi! Ui, ist der schnell.«
Gabis Feldstecher schwenkt auf der Stell’.
»Ja, Lieschen, ein Habicht im Jagdflug.«
»Mami, der greift einen kleinen Vogel an!«
»Schau weg, Lieschen! für dich genug!
Och Lieschen, ja, der arme Amselmann.«
Im Wäldchen kreischt das kleine Nest
und Gabi umarmt ihre Tochter ganz fest,
die ihr in die Schulter schluchzt: »Nein!
Jetzt sind die Amselkinder so allein.«
»Lieschen, ihre Mutter haben sie noch.
Und wir sind auch allein. Weißt du doch.«
»Mami, habe ich meinen Papa nicht,
weil den auch geschnappt hat der Habicht?«