Manie und Gegenpart

Mrz 2011

In ei­nem Pa­last aus Il­lu­sio­nen
je­mand ru­he­los am Woh­nen,
durch­weg be­treibt
al­les Wünsch­bare auf sei­ner Seite.

Aus ei­ner Grube vol­ler Rea­li­tät
je­mand müde schweigt,
vor blan­kem Er­ken­nen un­be­seelt,
aus­ge­hän­digt gro­ßer Übermäßigkeit.

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4 Kommentare

  1. Carlos

    Hallo Veit, durch Zu­fall kam ich auf deine Seite, ir­gend­wie über face­book oder ein blog, ich fand die­ses Ge­dicht „Ma­nie und Ge­gen­part“, es sprach mich an, ich hatte ähn­li­che und kon­träre Aus­sich­ten und so hab ich ei­nen Kom­men­tar in Ge­dicht­form ge­schrie­ben, hatte heute Abend ge­rade Muße, also noch viel Er­folg beim Nach­den­ken und Es­inswor­te­fas­sen, Gruß Carlos

    Schlös­ser und Gruben

    In­no­cent, den Schlüs­sel lose in der Hand
    zu be­tre­ten das Haus
    wel­ches der Ru­he­lose
    in ei­gent­li­cher Ge­las­sen­heit be­wohnte
    Schrof­fer Ge­gen­satz
    fin­det im blo­ßen Un­ter­schied sei­nen sim­plen Kern

    Trug­schluss das Wünsch­bare:
    es ist nur die Lo­cke­rung
    vom Nach­lass des Not­wen­di­gen
    Denn die Wün­sche sind nur
    ein Schmet­ter­ling, wel­cher sich
    auf deine Hand setzt
    dich zehn Se­kun­den zu be­glei­ten
    und die Vi­sion schö­ner Aus­sicht
    in dich zu setzen

    Doch, sein Flie­gen wer­den wir nicht ler­nen
    die Hand streckt sich
    aus der Grube:
    die Hand wirk­li­chen Seins
    und krallt sich ein
    in deine Fes­seln
    und du spürst: keine Flügel

    Viel­leicht schreist du
    viel­leicht blickst du müde
    und deine Lip­pen for­men nur den Schmerz
    un­ge­hör­ten Lei­dens
    und du lässt je­nen im Schloss
    und wünschst dich in die Grube
    wenn nur die böse Hand ins Schloss zöge

    Der große Fisch aber im Tei­che
    dort un­ten, am Fuße des Schlos­ses
    schwimmt seine Bah­nen
    in wach­sen­den Krei­sen
    und frisst den Schlüs­sel
    gibt ihn nie wie­der frei
    zu be­en­den die Qua­len
    in sei­ner un­end­li­chen Weisheit

    © Car­los Bronstein

    18.03.2011

  2. Veit Pakulla

    Danke für dei­nen ge­dich­te­ten Kom­men­tar, Car­los!
    In­no­cent kann nicht viel ge­gen De­pres­sion oder Ma­nie tun, fürchte ich, wenn mit dem Wort ge­meint ist, der Manisch-Depressive habe kei­nen An­teil an der Ur­sa­che sei­nes Lei­dens. Die erste, eben mit Un­schuld be­gin­nende Stro­phe, in der der Schlüs­sel lose in der Hand liegt, in­ter­pre­tiere ich je­doch so, dass der Lei­dende sein Schick­sal be­dingt in der Hand hat, hier zag­haft.
    Dass das Wünsch­bare ein Trug­schluss sei, ver­neine ich. Ma­ni­sche sind schaf­fens­kräf­tig, ver­wirk­li­chen man­chen Wunsch; nicht un­ent­wegt bre­chen Wunsch­bil­der zu­sam­men. Wo käme sonst der starke An­trieb her? Kann er rein phy­sisch sein? Mit dem kurz­zei­ti­gen Schmet­ter­ling in der zwei­ten und drit­ten Stro­phe tra­gen die Wün­sche zu­min­dest nicht lange.
    Die vierte be­schreibt De­pres­sion, die ich ganz ähn­lich er­lebt habe, ein­drück­lich.
    Den Schluss finde ich zu re­si­gnie­rend, so­fern der Schlüs­sel im Fisch keine Aus­sicht auf bes­sere Zei­ten ver­spricht. Weis­heit, wie ich sie kenne, tut wohl und stellt sich schon gar nicht ge­gen das Leben!

  3. Bianka Frohberg

    ge­gen­part ge­gen­part = gol­dene mitte

    sehr gut ver­deut­licht, dass in den ex­tre­men ein­zeln das di­lemma, in bei­den aber die hei­lung liegt. das aus­schla­gen der zei­ger nach oben wie un­ten birgt den hei­lungs­pro­zess: weis­heit nährt an­trieb. nichts ist nur schlecht. es gibt kein rich­tig oder falsch.

    gruß
    Bianka

  4. Veit Pakulla

    Ganz rich­tig, Bianka! Ich möchte er­gän­zen: Es gibt ein Für und Ge­gen die De­pres­sion. Das Le­ben, sein Le­ben zu be­ja­hen, ohne, im Fall ei­ner ma­ni­schen Ver­an­la­gung, über­schwäng­lich zu werden.

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