September 2007

Ratio und Emo

Sep 2007

»Du springst schon wie­der,
wie ein pri­mi­ti­ver Floh«,
sagt Ra­tio zu Emo.

»Jaja, lala, soso«,
singt sprin­gend Emo.

»Wie soll ich da ar­bei­ten?«
fragt drin­gend Ratio.

»Mit dei­nen Wis­sens­wei­ten«,
sagt sprin­gend Emo.

»Du bist völ­lig ir­ra­tio­nal«,
be­klagt, lo­gisch, Ratio.

»Schau mal, es ist Som­mer
und ich trag schon Schal!«
zu­rück­sagt Emo.
»Hihi, ein Emo-Schonschal.«

»Dir fal­len nichts Bes­se­res
als Al­bern­hei­ten ein«,
be­fin­det Ratio.

»Du fühlst dich auch al­lein?«
fragt trau­rig Emo.

Die bei­den wol­len sich
nie wie­der entzweien.

Lo­gi­scher­weise und lei­der
muss es bald aufs Neue sein.

Die bunte Gefahr

Sep 2007

Ein Schmet­ter­ling
will un­ge­stört um­her­flat­tern.
Laut ei­ner Theo­rie
könnte er die Welt er­schüt­tern,
durch das Flü­gel­flat­tern.
In­ter­es­siert ihn nicht.
Der Ver­fol­ger nur ist hinderlich.

Ein rei­ner Theo­re­ti­ker
schwingt und schwingt,
musste sich vom In­sek­to­lo­gen
heim­lich ei­nen Ke­scher bor­gen,
schwingt und schwingt
fa­na­tisch ängst­lich
nach dem Schmet­ter­ling,
der in der Luft Schlei­fen dreht,
sich in­stink­tiv ra­sant be­wegt,
vor ihm weit in den Him­mel entflieht.

Oje, der reine Theo­re­ti­ker
ver­folgt noch viele Schmet­ter­linge,
äußerst ak­tiv, da­mit ihm kei­ner
wo­mög­lich ein Un­heil bringe.

Widersprüchlich blubbert ...

Sep 2007

eine Suppe,
auf Emp­feh­lung ab­ge­kühlt,
um nicht zu sa­gen:
ge­fäl­ligst warm.

»Schmeckt nicht die Suppe«,
blub­bert dem rie­si­gen Bot­tich her­aus
aus vie­len Mündern.

Es ist eine dau­ernde Ver­steck­spiel­gruppe,
ist doch aber ir­gendwo ge­sün­der
trotz­dem darin zu baden.

Ein unlösbarer Fleck

Sep 2007

Sie war eine ganz ge­pflegte Glanz­flä­che,
die leuch­tend schwarze HiFi-Anlage
ei­nes schwe­ren Per­fek­tio­nis­ten.
Den Fleck kann er, schön sanft wi­schend,
ver­dammt, o ver­dammt nicht überlisten.

»Wie konnte der auf meine An­lage kom­men?«
schluchzt er, wirft sich nie­der
trau­rig und be­nom­men
vor seine be­schä­digte Glanz­flä­che,
auf seine noch nie be­nutzte Tanzfläche.

Der schöne Ferrari!

Sep 2007

»Scheiß­tag!« flucht ein Ob­dach­lo­ser aus sich raus,
in­ner­lich die Frage, was der wohl noch bringt,
so ’n Scheiß­tag! Die Pas­san­ten wei­chen ja nur aus,
wo die Geld­sam­mel­dose un­ge­heuer leer klingt!
Die De­cke zu­sam­men­rafft der Gute heute er­bost,
we­nig ge­bracht das Bet­teln, das trau­rig nette;
auf macht er sich, zu sei­nen Kum­pels, auf’n Prost.
Zu be­geh­ba­rem Geh­weg wird die Bettelstätte.

’ne Pulle Alk ein­ge­kippt, vorm Ge­trän­ke­dis­coun­ter,
er­blickt er aus Frust bloß Mit­tel­schicht zu­hauf.
»Gibt’s auf’m Park­platz was zu gaf­fen!« po­saunt er.
»Auf irgend’n fla­ches Auto glot­zen die drauf!«
Wie man die Leute jetzt erst rich­tig stau­nen sieht,
als vor ih­nen ei­ner auf­taucht, der Ob­dach­lose,
ex­trem nahe an dem knall­ro­ten Fer­rari vor­bei­zieht
und es knirscht, im Lack, die Geldsammeldose.

Ein paar grin­sen, die al­ler­meis­ten gu­cken ver­dat­tert
den Krat­zer, den Ob­dach­lo­sen, den Krat­zer an.
Hin­ten­her ein Ein­kaufs­wa­gen klim­pert und rat­tert,
ge­scho­ben von ei­nem Mil­lio­när, der bald kann
nicht ein Stück wei­ter schie­ben, muss blei­ben ste­hen.
Der Übel­tä­ter ängst­lich die At­mo­sphäre spürt,
in der die Leute bes­ser schon mal wei­ter weg ge­hen;
ren­nen will er nur, aber vor Zit­tern sich nix rührt.

Es springt der Mil­lio­när aus sei­nem star­ren Ein­halt,
den Ein­kaufs­wa­gen bei­seite schleu­dernd. Klirr,
draus schäumt ein Kar­ton Cham­pa­gner auf Asphalt.
»Wer hat mei­nen Fer­rari zer­kratzt wel­cher Irr’?!«
Auf den Ob­dach­lo­sen zei­gen ei­nige An­we­sende flugs.
»Was hast du ge­tan! Du wahn­sin­ni­ger Aso­zia­ler!«
Der schlu­ckende An­ge­schriene äußert ei­nen Glucks.
»Das ist ein Fer­rari für ganze 700 000 Europataler!«

Wohn­blö­cke weit reicht nun des Mil­lio­närs Ge­schrei.
»Sie soll­ten sich schleu­nigst wie­der ein­pe­geln!«
brüllt eine Frau, äußerst selbst­si­cher, von der Po­li­zei.
»Das kön­nen wir doch wie Men­schen re­geln!«
»Mei­nen Fer­rari hat der zer­kratzt! Da! Se­hen Sie?!«
»Oha«, sagt die Po­li­zis­tin, be­äu­gend den Krat­zer,
»aber dass der Arme das war, glaub’ ich Ih­nen nie.«
Da ru­fen Leute über den Park­platz: »Doch, er!«

Die Po­li­zis­tin fragt: »Warst du es? Das be­zeu­gen alle«,
den Ob­dach­lo­sen, kennt ihn von der Streife her.
»Was ist pas­siert? Wa­rum hast du das ge­tan? Kalle.«
»Scheiße, Scheiß­tag, meine Dose is’ scheiß­leer,
wollt’ was zum Sau­fen mir hier kau­fen und, und wollt’
denn zur Park­bank, se­hen ge­hen meine Kum­pels;
gleich war jetz’ was, was ich ge­macht ha­ben ge­sollt,
’s macht ’ne Scheiß­angst, am Herz’ rumpelt’s.«

Der Mil­lio­när noch mal über die Kratzer­stelle wischt,
von der Po­li­zis­tin ge­fragt: »Geht er weg­zu­ma­chen?«
»Geht nicht, ver­flix­ter Mist, er­statte An­zeige« zischt.
»Ein so Rei­cher wird doch kön­nen drü­ber la­chen?«
in der schau­lus­tig’ Men­schen­menge vor­sich­tig wis­pert.
Der ob­dach­lose Kalle, un­si­cherste Frei­heit sein Los,
und in der en­gen knis­tern­den Si­tua­tion der, der knis­tert,
stot­tert: »Herr Mi’onär! 2 Euro! Da drin in der Dos’!«

Zwei Jahre sind ver­gan­gen, als nun der Rich­ter spricht:
»Rein for­mal, mut­wil­lige Sach­be­schä­di­gung, so­weit.
Wes­we­gen muss so ein Fall kom­men vor mein Ge­richt?
Ach könnte ich ihn fal­len las­sen aus Ge­ring­fü­gig­keit.«
So­fort lehnt sich aus der An­klage der Mil­lio­närs­an­walt.
»Ein Spe­zi­al­lack­scha­den im Wert ei­nes Klein­wa­gens!«
Des Ob­dach­lo­sen Pflicht­ver­tei­di­ger sucht nach An­halt,
da die Un­zu­rech­nungs­fä­hig­keit lei­der fehl­ge­schla­gen ist.

Sich be­ra­ten, räus­pert der Rich­ter sich, um zu rich­ten:
»Werte An­wälte, der wohl­ha­bende Ih­rer Man­dan­ten
muss auf die 6000 Euro Scha­den­er­satz lei­der ver­zich­ten,
die beim Ar­men we­der beim Steu­er­zah­ler vor­han­den.
Der so­zial schwa­che Schä­di­ger des Pri­vat­ei­gen­tums hat
20 Ta­ges­sätze zu je 2 Euro zu zah­len oder er­satz­weise
ins Ge­fäng­nis zu ge­hen. Das Geld be­käme un­sere Stadt.
So lau­tet das Ur­teil, im Na­men des Volkes.«

Halb­wegs zu­frie­den ver­nimmt hoch über ei­ner Wolk’ es
Va­ter der Herr, fin­det Ge­rech­tig­keit oft nicht leicht.
Und mit die­sem kom­pli­zier­ten, dif­fe­ren­zie­ren­den Recht
ha­ben die Kin­der un­ter sich schon ein we­nig er­reicht.
Ja was zischt und schweift dort durch die Stra­to­sphäre?
Das kann wahr­lich nur kom­men von Mut­ter Na­tur,
kommt dem Glau­ben an Ge­rech­tig­keit hier in die Quere,
ein Me­teo­rit, klein, aber mit arg lan­ger Qualmspur.

Ein Vil­len­vier­tel er­bebt, klap­pert mit den Dach­zie­geln,
wie­der still im Nu. Draus auf steigt eine Rauch­säule.
Vil­len­be­woh­ner pa­nisch ihre Ein­gangs­por­tale ent­rie­geln,
schauen noch in den Tü­ren etwa wie vor ei­ner Keule
auf ein pech­schwar­zes, sehr gro­ßes Loch im Stra­ßen­rand,
an dem, un­fass­bar, zwei knall­rote Au­to­tü­ren glim­men.
Ei­nem Rest von Heck lich­ter­loh ent­flammt ein Mo­tor­brand.
Im vor­de­ren Trüm­mer­teil glüht Kof­fer­raum, von innen.

Alle an­de­ren in­des nur noch ver­blüfft, bleibt ei­ner ent­setzt.
Man hört ihn fürch­ter­lich heu­len und brül­len den Mann
jetzt, wie er, eben noch starr ge­stan­den, aus der Villa hetzt;
an die Au­to­reste, we­gen der Hitze, nicht nä­her ran kann,
zu­rück­krab­belt, vor­prescht, zu­rück, vor, zu­rück, vor, zu­rück,
ein Wahn­sin­ni­ger mit hef­tig flin­ken Ar­men und Bei­nen,
der end­lich lie­gen bleibt, nun aber raus­schreit sein Un­glück:
»Mein Fer­rari! Spe­zi­al­an­fer­ti­gung! Da­von gab es nur einen!«

»Von dem Fer­rari gab es nur ei­nen, sei­nen, wie ich weiß«,
ant­wor­tet eine schick de­signte Nach­ba­rin im 1. Ka­nal.
»Un­heim­lich. Wo­mög­lich war das ja so et­was wie ein Preis
für die Klage ge­gen den Ob­dach­lo­sen, ei­nem Skan­dal.
Zwar hat der ver­ant­wor­tungs­los ge­han­delt, aber so auch der
liebe Herr Nach­bar, den der Lack­krat­zer bil­li­ger kam
als eben der Me­teo­ri­ten­ein­schlag. Ein Na­tur­er­eig­nis, oder?
Hat doch nichts zu tun mit Gerechtigkeit?«




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