Mai 2009

Die Weinverkostung

Mai 2009

Ei­nem Bier­trin­ker er­klärt der Ex­perte
ein Ge­heim­nis jen­seits Hop­fen und Gerste,
kommt von stein­zeit­li­cher Reb­do­mes­ti­ka­tion
zu kul­ti­vier­te­ren An­fän­gen in Vor­der­asien,
des Wei­te­ren im Al­ten Ägyp­ten all­mäh­lich
zu heu­ti­gen Hän­gen im Sü­den Frank­reichs,
auf de­nen fruch­tigste Reb­sor­ten ge­dei­hen,
nach der eu­ro­päi­schen Reb­lau­se­pi­de­mie einst
zu­rück­ge­kehrt aus dem wein­ret­ten­den Ame­rika.
Lange, wirk­lich sehr, sehr lange sei es her.

Der Bier­trin­ker bei der zehn­ten Sorte,
ge­rade nach­ho­lend sein Glas zu schwen­ken,
was ei­gent­lich kommt vor dem Trin­ken,
ist längst schon um ei­ni­ges be­rauscht,
so­dass er ni­ckend der Wein­ge­schichte lauscht.
Vom Käse, hm, passe am bes­ten, hm, der trockne.

Der Ex­perte er­wi­dert zwi­schen die Zähne:
Ach, siehe da, schon wie­der beim Käse,
den, un­ter­des­sen zur Ge­nüge er­klärt wor­den,
man auf der Zunge zer­ge­hen las­sen sollte
je­weils ge­gen Ende ei­ner Wein­probe.
Aber wahr­lich be­hage der Par­me­san
zu die­sem ge­ra­dezu wür­zi­gen Rotwein.

Die Ta­fel ent­lang zu den an­de­ren Ver­kos­tern
juxt der Bier­trin­ker, auch er mal Recht habe.

Dar­auf komme es nicht an beim Wein,
wen­det der Ex­perte ein. Die Ge­schmä­cker,
ein­an­der er­gän­zend in ih­rer Un­ter­schied­lich­keit,
möch­ten alle An­we­sen­den ge­nuss­vol­ler la­ben;
wo­hin er je­des Mal le­dig­lich mo­de­riert habe.
Wo­nach schme­cke der letzte Wein des Abends?

Schme­cke kurz nach Lor­beer,
aber erst am Ende vom Wein­ver­zehr,
meint ein Verkoster.

Ein­deu­tig ein Ab­gang mit Lor­beer,
pflich­tet der Ex­perte bei.
Es ent­falte sich je­doch ein län­ge­rer,
gehe der Wein lange ge­nug im Munde umher.

Ein tol­les Bu­kett dufte am An­fang,
be­schreibt eine Ver­kos­te­rin.
Die kräf­tige Note munde sehr.
Da sei auch eine Würze, fast wie von Likör.

Eine von Kräu­tern, prä­zi­siert der Ex­perte.
Da­ne­ben sich er­gä­ben blu­tige, auch rau­chige
und so­gar et­was er­dige Im­pres­sio­nen.
Je­den­falls könne er beide Ver­kos­ter nur lo­ben,
im­mer bes­sere und beim zehn­ten Wein
noch sol­che Ge­schmacks­ner­ven zu zei­gen.
Es sei ein Mou­lin à Vent Cru du Beaujolais.

Un­ter weh­mü­ti­gem Blick auf das Eti­kett
pro­phe­zeit der Ex­perte: Die­ser Spit­zen­wein,
lei­der hart an der Grenze, dürfte bald kip­pen.
Dies sei das Ver­häng­nis jed­we­den Jahr­gangs,
so­fern er nicht recht­zei­tig ge­trun­ken überlagere.

Der Bier­trin­ker, wie­der un­ab­sicht­lich pro­vo­kant,
fragt: Eine Wein­but­tel, higs, dürfe man
also auch ein­fach kip­pen?
Er habe es, hulps, bis­her so ver­stan­den:
Wein werde nur vom Glas­rand genippt.

Er­neut schmun­zeln viele Ver­kos­ter.
Zu­neh­mend ver­geht dem Ex­per­ten die Lust,
an­ge­sichts die­ses un­kul­ti­vier­ten Kerls,
der zu­min­dest mehr über Wein nun weiß
als er je­mals über Bier ge­wusst;
laut­hals ge­rade lallt die Frage:
Wie viel vom neuen Lieb­lings­ge­bräu
er wohl vertrage.




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