Die Weinverkostung
Einem Biertrinker erklärt der Experte
ein Geheimnis jenseits Hopfen und Gerste,
kommt von steinzeitlicher Rebdomestikation
zu kultivierteren Anfängen in Vorderasien,
des Weiteren im Alten Ägypten allmählich
zu heutigen Hängen im Süden Frankreichs,
auf denen fruchtigste Rebsorten gedeihen,
nach der europäischen Reblausepidemie einst
zurückgekehrt aus dem weinrettenden Amerika.
Lange, wirklich sehr, sehr lange sei es her.
Der Biertrinker bei der zehnten Sorte,
gerade nachholend sein Glas zu schwenken,
was eigentlich kommt vor dem Trinken,
ist längst schon um einiges berauscht,
sodass er nickend der Weingeschichte lauscht.
Vom Käse, hm, passe am besten, hm, der trockne.
Der Experte erwidert zwischen die Zähne:
Ach, siehe da, schon wieder beim Käse,
den, unterdessen zur Genüge erklärt worden,
man auf der Zunge zergehen lassen sollte
jeweils gegen Ende einer Weinprobe.
Aber wahrlich behage der Parmesan
zu diesem geradezu würzigen Rotwein.
Die Tafel entlang zu den anderen Verkostern
juxt der Biertrinker, auch er mal Recht habe.
Darauf komme es nicht an beim Wein,
wendet der Experte ein. Die Geschmäcker,
einander ergänzend in ihrer Unterschiedlichkeit,
möchten alle Anwesenden genussvoller laben;
wohin er jedes Mal lediglich moderiert habe.
Wonach schmecke der letzte Wein des Abends?
Schmecke kurz nach Lorbeer,
aber erst am Ende vom Weinverzehr,
meint ein Verkoster.
Eindeutig ein Abgang mit Lorbeer,
pflichtet der Experte bei.
Es entfalte sich jedoch ein längerer,
gehe der Wein lange genug im Munde umher.
Ein tolles Bukett dufte am Anfang,
beschreibt eine Verkosterin.
Die kräftige Note munde sehr.
Da sei auch eine Würze, fast wie von Likör.
Eine von Kräutern, präzisiert der Experte.
Daneben sich ergäben blutige, auch rauchige
und sogar etwas erdige Impressionen.
Jedenfalls könne er beide Verkoster nur loben,
immer bessere und beim zehnten Wein
noch solche Geschmacksnerven zu zeigen.
Es sei ein Moulin à Vent Cru du Beaujolais.
Unter wehmütigem Blick auf das Etikett
prophezeit der Experte: Dieser Spitzenwein,
leider hart an der Grenze, dürfte bald kippen.
Dies sei das Verhängnis jedweden Jahrgangs,
sofern er nicht rechtzeitig getrunken überlagere.
Der Biertrinker, wieder unabsichtlich provokant,
fragt: Eine Weinbuttel, higs, dürfe man
also auch einfach kippen?
Er habe es, hulps, bisher so verstanden:
Wein werde nur vom Glasrand genippt.
Erneut schmunzeln viele Verkoster.
Zunehmend vergeht dem Experten die Lust,
angesichts dieses unkultivierten Kerls,
der zumindest mehr über Wein nun weiß
als er jemals über Bier gewusst;
lauthals gerade lallt die Frage:
Wie viel vom neuen Lieblingsgebräu
er wohl vertrage.